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Eine der lautesten und grössten Weltmeisterschaften der letzten Jahre ist zu Ende.

Montag, 1. August 2022 - 15:39
 

Der Eiskanal in Augsburg ist eine historische Stätte für den Kanusport. 1972 fanden dort im Rahmen der olympischen Spiele von München zum ersten Mal olympische Slalomwettkämpfe statt. 50 Jahre später ist der Augsburger Eiskanal immer noch eine einzigartige Strecke für ein Weltklasse-Niveau.

In der Vergangenheit war der Augsburger Eiskanal schon mehrfach Schauplatz Schweizer Erfolge. 1996 holten sich Peter und Ueli Matti den Europameistertitel im C2. 2003, an der letzten WM in Augsburg gewannen Mike Kurt, Matthias Röthenmund und Thomas Mosimann Gold im Team der K1 Herren. Und 2012 holte sich Elise Chabbey an den Europameisterschaften den letzten Kontinentalplatz für die olympischen Spiele von London.
 

2022 meinte es der Lech weniger gut mit den Schweizer*innen. Dimitri Marx hat sich als bester Schweizer souverän bis in den Final des Extreme Slalom gekämpft. Dort musste er sich leider mit etwas Pech mit dem undankbaren 4. Rang begnügen. Den hart umkämpften Final gibt es hier zu sehen.
 

Slalom fest in Deutscher Hand

Die diesjährige WM wurde von den Heimfavorit*innen aus Deutschland regelrecht dominiert. In beeindruckender Manier holten sich Ricarda Funk (K1), Andrea Herzog (C1) und Sideris Tasiadis (C1) drei von vier WM-Titeln im Slalom. Der enorme Druck, der auf ihren Schultern lastete war förmlich zu spüren.
 

K1 Frauen
Ricarda Funk startete im K1-Final am Samstag als Allerletzte, da sie schon das Halbfinale gewonnen hatte. Alle Augen waren auf sie gerichtet, sie die grosse Favoritin. Als amtierende Olympiasiegerin und Weltmeisterin mit Heimvorteil waren die Erwartungen riesig. Und sie erfüllte sie allesamt! Über eine Sekunde schneller als Jessica Fox (AUS) war sie im Ziel. Und das Publikum tobte! Selten hat es im Slalom eine solch beeindruckende Bestätigung der Favorit*innenrolle gegeben. Und auch Elena Lilik fuhr nach der Silbermedaille letztes Jahr wieder aufs Podest und sichert Deutschland noch die Bronzemedaille im Kajak.
Die Schweizerinnen Alena Marx und Naemi Brändle haben das Halbfinale der besten 30 leider knapp verpasst und fahren auf die Ränge 34 und 36.
 

C1 Frauen
Am Sonntag doppelte Andrea Herzog bei den C1 Damen gleich nach. Auch auf ihren Schultern lastete der Druck der Heimfavoritin. Die 22-jährige Leipzigerin gewann 2019 die WM in La Seu d’Urgell und holte sich an den olympischen Spielen in Tokyo letztes Jahr die Bronzemedaille. Trotz zwei Strafsekunden wegen einer Berührung liess sie der Konkurrenz keine Chance. Superstar Jess Fox musste sich auch hier der Deutschen Favoritin beugen und holte sich erneut die Silbermedaille vor Mallory Franklin aus Grossbritannien.
Für die Schweiz war im C1 der Frauen nur Alena Marx am Start. Trotz schneller Laufzeiten, besonders in der oberen Streckenhälfte, verhinderten zu viele Strafsekunden in beiden Läufen den Einzug ins Halbfinale und sie landet auf Rang 33.
 

C1 Herren
Im letzten Slalomfinale am Sonntag, dem der C1 Herren, gab es gleich nochmals zwei Deutsche auf dem Podest. Der Augsburger Lokalmatador Sideris Tasiadis ist bekannt für seinen kühlen Kopf. Und der liess ihn auch angesichts der ungewohnt grossen Bühne in Augsburg nicht im Stich. 2012 holte er auf dem Augsburger Eiskanal bereits den Europameistertitel. Nun konnte er sich auch den WM-Titel auf der heimischen Strecke holen, nachdem er 2018 bereits Dritter an einer WM war. Damals war es sein Leipziger Teamkollege Franz Anton, der den Titel holte. Dieses Jahr kam es umgekehrt. Anton hat das Halbfinale gewonnen und stand als Letzter noch oben am Start. Auch er hielt dem Druck stand und holte sich die Bronzemedaille. Zweiter wurde der Slowake Alexander Slafkovsky mit vier Strafsekunden und der schnellsten Rohzeit des Tages.

Die Schweizer Wundertüte Thomas Koechlin hat wegen einer Berührung an Tor elf den Einzug ins Finale knapp verpasst. Ohne die zwei Strafsekunden hätte die Zeit des Genfers trotz Linienfehler im unteren Teil fürs Finale der besten 10 gereicht. Der frisch gebackene Vater musste sich sich aber mit Rang 16 begnügen und sorgt damit für das beste Schweizer Resultat im Slalom.
 

K1 Herren
Die einzige Kategorie ohne Deutsche Medaille, gar ohne Deutsche Finalteilnehmer, waren die K1 der Herren. Vit Prindis holte sich den Titel in der Kategorie mit den meisten Teilnehmenden. Er hat wieder einmal gezeigt, dass die Kategorie K1 fest im Griff der Tschechen ist. Von 2013 bis 2022 gingen 5 von 8 WM-Titeln an die 4 verschiedene Athleten der Tschechischen Republik. Silber holte sich der Italiener Giovanni de Gennaro. Bronze ging an den französischen Titelverteidiger Boris Neveu.

Die Schweizer Kajak Herren haben allesamt den Einzug ins Halbfinale geschafft. Augsburg-Spezialist Lukas Werro hat gezeigt, dass er die Strecke im Griff hat und die Schweizer Herzen hoffen lassen. Wie bei Thomas Koechlin kostet ihn aber ein Fehler in den letzten Toren und eine Berührung den Einzug ins Finale und er wird 18. Auch Gelindo Chiarello verliert im unteren Abschnitt zu viel Zeit und landet auf Rang 27. Martin Dougoud, Weltnummer 8 und Bronzemedaillengewinner am Weltcup in Prag, war bis Tor 20 auch auf Finalkurs. Dort bleibt er leider im Rückwasser hängen und kassiert 50 Strafsekunden. Der untere Streckenabschnitt meinte es wirklich nicht gut mit den
Schweizer:innen an dieser WM.
 

Extreme Slalom

Herren
In der noch jungen Disziplin des Extreme Slalom, die 2024 an den olympischen Spielen in Paris teil des Programms sein werden, schafft es Dimitri Marx bis ins Finale der besten vier. Etwas unglücklich wird er nur Vierter. Der U23-Weltmeister von 2018 und 2021 hat seine Stärke in dieser neuen Disziplin aber gezeigt und die nächste Chance für eine Medaille wird sicher kommen.
Der amtierende Europameister Jan Rohrer hat, auch mit etwas Wasser-Pech, die Qualifikation für die KO-Runde verpasst. Nur gerade 12 Hundertstel einer Sekunde haben gefehlt.
Den Titel holte sich der britische Slalom-Olympiasieger von 2016 Joe Clarke vor dem jungen Franzosen Anatole Delassus und dem Deutschen Wildwasserspezialisten Stefan Hengst.
 

Frauen
Bei den Frauen konnte sich Jessica Fox aus Australien durchsetzen. Nach den zwei Silbermedaillen im Slalom hat sie ihren letztjährigen Titel im Extreme erfolgreich verteidigt. Obwohl sie im Finale schmerzhaft von der Bootsspitze der Brasilianerin Ana Satila getroffen wurde (zu sehen hier), überquerte sie die Ziellinie noch vor Kimberly Woods (GBR) und Monica Doria Villarubla (AND).
Alena Marx konnte sich als 13. souverän für die KO-Runde qualifizieren. Leider musste sie sich gleich schon im Achtelfinale Ricarda Funk und der jungen Slowakin Suzana Pankova geschlagen geben und schied aus. Naemi Brändle schaffte den Sprung unter die Top 20 nicht und blieb leider im Time Trial hängen.
 

Regeln
Die Regeln im Extreme Slalom sind noch nicht in Stein gemeisselt. Auch während der Saison werden immer wieder Änderungen vorgenommen. Auch an der WM in Augsburg war manchmal nicht ganz klar, weshalb jetzt einige Athlet*innen disqualifiziert wurden oder gerade nicht. Ausserdem sorgt der Qualifikationsmechanismus manchmal für Verwirrung: Momentan sind die Top 20 des Time Trials direkt für die KO-Runde der besten 32 qualifiziert. Die restlichen 12 Plätze werden an Nationen verteilt, die keine Boote in den Top 20 haben, jeweils ein Platz pro Nation. Wer sich einlesen will, die aktuelle Version des Reglements findet sich hier.
 

Text: Gérôme Martin
Bilder: Pitt Rohrer

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